filmschauer - Kommentare

Alle Kommentare von filmschauer

  • 8

    Selten wurde eine sehnsuchtsvolle wie traurige Angelegenheit so schön und edel verpackt: Der modische Hintergrund des Regisseurs kommt anscheinend nicht von ungefähr, muss ich nach "Nocturnal Animals" konstatieren. Tom Ford ist es gelungen, auf faszinierende Weise drei Erzählstränge zu präsentieren, die von ihrer jeweiligen Tonalität nicht unterschiedlicher sein könnten. Die herkömmliche Film-in-Film-Klassifizierung, die bei so einer Darbietung aufkommen mag, ist in diesem Falle fast noch untertrieben. Was vermeintlich als ein spannender Rachethriller in visualisierter Romanform daherkommt, entpuppt sich im Grunde als viel persönlicher als gedacht. Eingebettet wird dies in ein ansonsten überraschend ruhiges Drama-Setting über eine verflossene Beziehung zwischen beiden Protagonisten, wobei wir eigentlich nur Amy Adams als Susan Morrow im Hier und Jetzt so richtig kennenlernen und begleiten. Der Film weiß geschickt, seine quälenden Geheimnisse lange zu bewahren und nur subtil Wegweiser für den Zuseher aufzustellen. Was das emotionale Verständnis, Sympathiebekundungen, moralische Einordnung und die leise Gesellschaftskritik des Gezeigten angeht, wird hier genügend angedeutet, um seine eigenen Gedanken dazu machen zu 'wollen'. "Nocturnal Animals" ist für mich intelligentes Gefühlskino (ja, klingt seltsam), wie man es nur selten zu sehen bekommt. Und selbst jene, die sich mit dem Inhalt eher schwertun, werden mit starken Darstellern (Aaron Taylor-Johnson ist dabei besonders hervorzuheben), feiner Kameraarbeit und endlich mal wieder richtig guter Filmmusik belohnt. Vielleicht sollte ich doch endlich mal Fords Erstlingswerk "A Single Man" nachholen, dem ich bisher so sträflich aus dem Weg gegangen bin.

    11
    • 7

      Ich mag sie einfach, diese vermeintlich kleinen Thrillerperlen, wo die Macher scheinbar genau um deren Qualitäten wissen und dies wunderbar und im jeweiligen Zeitkolorit ausspielen. "Red Rock West" von John Dahl gehört genau in diese Kategorie. Eine knackige Prämisse lässt den Zuschauer nach einer herrlichen Credit-Scene mit einem jungen Nicolas Cage schnell in diesen Streifen einsteigen, in der eine spontane Gelegenheit gepackt werden will, die das Leben manchmal bietet, jedoch auch mit allerlei Konsequenzen gerechnet werden muss. Die Geschichte bietet ein nur auf den ersten Blick durchschaubares Geflecht. In Endergebnis ist es eine spannendes Hin und Her vier unterschiedlichster Charaktere. Keiner der Schauspieler sollte hier besonders hervorgehoben werden, denn Cage, Boyle, Hopper und Walsh spielen gleichermaßen toll in diesem atmosphärischen Mix aus düsteren Neo-Noir und Western mit seinen staubigen und weiten Mittelwestlandschaften, der sich in seiner zwischen lakonischer Gewitztheit und blutigem Ernst pendelnden Tonart entfernt sogar in Richtung "Twin Peaks" und dergleichen von Lynch anfühlt. Ich denke, mehr Argumente braucht es nicht, um diesem feinen Genrefilm aus den 90ern wiederzuentdecken...

      8
      • 7

        Ich gebe es gern zu: Postapokalyptische Szenarien, seien sie in jedwedem Medium umgesetzt, haben für mich einen gewissen Reiz. Einerseits ist es gewissermaßen der Realitätscheck, wie heftig die Fallhöhe ausfallen kann, die die alltäglichen Vorzüge des modernen Lebens uns eingebracht haben. Andererseits kann es auch dessen Fragilität wirkungsvoll aufzeigen. Leider gehen selten Filme über einen gewissen Punkt hinaus. Lieber betritt man die genretypisch gewohnten Pfade, was vielleicht für den einen kurzen Moment unterhaltsam, auf längere Sicht jedoch wenig gehaltvoll wird. Patricia Rozemas "Into the Forest" würde ich dabei zu jenen Versuchen zuordnen, die thematisch doch etwas mehr Mut und Abwechslung aufzeigen wollen. Gezeigt werden zwei eigenwillige junge Frauen mit einem scheinbar sicherem Rückzugsort in einer Welt ohne elektrische Energie, was einen alternativen Ansatz andeutet im Vergleich zu den bekannten Eigenbrötlern, Soldaten und sonstigen Überlebenskünstlern. Hier steht nicht die rein rationale Überlebensaction im Vordergrund, sondern das Innenleben der gezeigten Figuren, wodurch sich eine gelungene Charakterstudie dieses Geschwisterpaares mit wechselhafter Beziehung zueinander ergibt.

        Keine Frage, der Film bietet durch seine gesetzten Leerstellen in der Geschichte und seinen erheblichen Zeitsprüngen offene Flanken, wodurch er sich sicherlich bei argwöhnischen Genrefans angreifbar macht. Nicht zuletzt das gezeigte Ende macht dieses deutlich und man kann sich dabei sicherlich vor dem Kopf gestoßen fühlen. Immerhin hätte ich sehr gerne dem Geschehen noch länger beigewohnt, was man ja eben auch als Kompliment auffassen kann. Die ruhige, familiär ausgeprägte Naturatmosphäre, die der Film schon mit den ersten Szenen verbreitet, ist entgegen der eigentlich Thematik sehr einladend nimmt einen als Zuschauer schnell mit. Ellen Page und Evan Rachel Wood spielen facettenreiche Gegenpole, die natürlich nicht immer die schlausten Aktionen starten, die aufkommende Emotionalität allerdings packen kann. Ich habe schon deutliche uninteressantere Ausflüge in postapokalyptische Welten gesehen. Deswegen verzeihe ich "Into the Forest" seine Schwächen, denn die Schwerpunkte liegen hier erkennbar woanders - ob man sie nun mag oder nicht.

        10
        • 8

          Der Western ist nicht totzukriegen - und das ist auch gut so. Genauso wenig wie der Elan und Kampfesmut der ungleichen Bankraub-Brüder in Texas, die mit verbotenen Mitteln um ein Stück Land kämpfen wie einst manch großer Westernheld in der Prärie. Nur ist es diesmal kein weiterer Blick zurück in die Historie, sondern eine Geschichte im Hier und Jetzt, ausgestattet mit Pick-up und Sturmgewehr. Regisseur David Mackenzie hat sich für jene Variante entschieden, eine moderne Western-Geschichte zu erzählen, die allerdings viele Variationen klassischer Genreelemente einstreut. Die gezeigten Manierismen und Handlungsweisen der Haupt- und Nebenfiguren, die vereinsamten Schauplätze und die rauen Umstände im texanischen Nirgendwo mögen dem geneigten Cowboy-Anhänger seltsam vertraut vorkommen, doch steht der Plot sinnbildlich für den verzweifelten Widerstand des Einzelnen innerhalb des heutigen globalisierten Kapitalismus, in der auch der Staat in Form eines alternden Sheriffs als eigentlicher Gegenpart nur noch wie ein rostiges Rad im Wind wirkt. Mit einer fatalistisch-melancholischen Note und überraschend wenig Actionmomenten geht es konsequent und sehr aufs Wesentliche beschränkt auf den genrebedingt unvermeidlichen Höhepunkt zu, ohne hinterher nicht mit einer überraschenden Pointe den Zuseher aus diesem Film zu entlassen. Ein sehr sehenswerter Film mit gesellschaftspolitisch aktueller Note, in der neben einem guten Drehbuch alle handwerklichen Elemente wie Schauspiel, Musik, Drehorte oder Stilmittel sinnig kombiniert worden sind.

          16
          • 7
            über Dunkirk

            Christopher Nolan ist gewiss nicht vorzuwerfen, keine eigene filmische Handschrift zu besitzen: Selbst wenn man "Dunkirk" ganz uninformiert schauen würde, weiß man ziemlich schnell über den Kopf dahinter Bescheid: Wuchtige Bilder, die möglichst realistisch daherkommen, die Vorliebe für die allerbeste Kameratechnik oder eine verschachtelte Erzählweise schmücken viele seiner Werke. Jedoch wird seine vermeintliche Schwäche, keine emotionale Geschichten erzählen zu können, ebenso erkennbar, wenn man zahlreiche kritische Reaktionen bündeln möchte.

            Filme über den Zweiten Weltkrieg gab es schon Hunderte und doch versucht Christopher Nolan, einen eigenen Stempel in der Kino-Aufarbeitung der Geschichte zu setzen. Die womöglich mangelnde Emotionalität ist in diesem Szenario kein unbedingter Malus, sondern eher die konsequente Ausdrucksform, um das Geschehen anhand der beteiligten Charaktere bewältigen zu können: Reines Überleben ist das A und O, was dieser Film nichts zuletzt durch die verloren wirkende Hauptfigur transportiert, ebenso das Grauen des Krieges, das Unbegreifliche des Moments, die unerträgliche Anspannung an diesem trostlosen Strand vor dem nächsten Einsatz. Das Dünkirchen-Kapitel steht hier lediglich stellvertretend. Audiovisuell ist das fast schon erwartbar überwältigend, was hier gezeigt wird.

            Wenn es für meine Begriffe etwas zu kritisieren gäbe, ist es der Versuch in der Narration, die drei Erzählstränge zwanghaft auf unterschiedliche Zeitebenen zu hieven. Was konzeptionell im Vorhinein sinnig und clever anmuten könnte, verfehlt in der Umsetzung überwiegend seine Wirkung. Man könnte - böse formuliert - gar meinen, dadurch erst kann das Geballer in der Luft mehr über die Filmlänge gestreckt werden. Oder auf das Thema übertragen formuliert: Krieg sieht in der Realität meist anders aus, als man es auf dem Reißbrett geplant hat.

            6
            • 6

              Beim mittlerweile bunten und reichhaltigen Sammelsurium an ehrenwerten Kostümdramen verschiedenster Epochen ist es schwer, mit herausstechenden Merkmalen zu punkten. Insofern ist "Tulpenfieber" ein vergleichsweise sympathischerer Sonderling, da mit der niederländischen Tulpenblase im 16. Jahrhundert ein markantes Ereignis der Wirtschaftsgeschichte in den Fokus gerückt wird - und das historische Niederlande sonst eher selten von Hollywood heimgesucht wird. Jedoch ist Justin Chadwicks Film mitnichten ein früher Börsenkrimi, sondern zuallererst ein bittersüßes Liebesdrama, in der die Tulpenblase als nicht unwichtiger Rahmen dient. Was den Film, falls man die realen Hintergründe kennt, natürlich etwas vorhersehbar macht. Der vordergründige Liebesfilmaspekt funktioniert ganz gut in seiner Stringenz, eine möglichst heftige und abstruse Form einer Affäre zu erzählen. Die Emotionalität und Leidenschaft, die die Liaison zwischen Sophia (Alicia Vikander und Jan (Dane DeHaan) auch aufzeigen soll, wirkt trotz viel nackter Haut aber nur teilweise überzeugend. Nein, sonderlich großes Schauspielerkino wird hier nicht geboten, wenngleich sogar in den Nebenrollen prominente Namen vertreten sind. Immerhin wirkt die Geschichte von Ende her betrachtet einigermaßen rund und auch die dichte Atmosphäre in den kompakten Schauplätzen von Amsterdam verfehlt nicht ihre Wirkung. Deshalb: Solides Kino für die Kostümfilmfraktion mit einer kleinen Prise Geschichtsstunde.

              8
              • 5

                Beim Namen Luc Besson denke ich zuallererst an die Filmwelt der 90er. Denkwürdige Werke hat er hervorbringen können, die auch heute noch ihr Unterhaltungspotential ausspielen können. Danach wurde es in seiner Vita weniger schön - zumindest, was das Treffen meines Geschmacks anging. Die letzten Jahre wurde er zumindest wieder ambitionierter und mit "Valerian" hat er im Vorhinein zumindest meine genrebedingte Erwartungshaltung anstacheln können. Ein SciFi-Epos, das womöglich mit Star Wars & Co. mithalten kann? Wie gern würde ich dies nach der Sichtung bestätigen, aber leider ist der nicht unwichtige Nachhall, den ein Film auch haben sollte, zu schwach ausgeprägt. Natürlich ist "Valerian" bunt, einigermaßen kurzweilig, visuell bisweilen hübsch anzuschauen und manchmal gar überwältigend, da sehr viel in wilder Manier passiert. Doch ergeben die vielen Teile nicht ein großes Ganzes, das einen wirklich befriedigend zurücklässt. Das viel zu ambitionierte World-Building bleibt in seinen Ansätzen stecken und die Geschichte, nun ja, sie mag mit ihren vielen Locationwechsel ziemlich abwechslungsreich sein. Aber insgesamt wirkt der Plot gewissermaßen gehaltlos – zu sehr, als dass man es ruhigen Gewissens ignorieren könnte. Und dabei wollte ich das frech-mutige Protagonisten-Pärchen wirklich gern mögen. Bessons vergleichbarer "Das fünfte Element", dem ein ausgewachsener Kultfilmstatus nachgesagt wird, mag zwar altersbedingt die schlechteren Effekte aufweisen, doch selbst nach 20 Jahren konnte er mich mit seiner ebenso verrückten Handlung neulich mehr erreichen als "Valerian". Schöne Standbilder alleine reichen dann doch nicht.

                5
                • 8
                  über Gattaca

                  Im kunterbunten Strauß an mehr oder weniger aufwändigen Science-Fiction-Filmen nagt der Zahn der Zeit bekanntlich unaufhaltsam, was sich an so manch verblüffender Wiedersichtung feststellen lässt. Gewisse Kandidaten haben dabei allerdings nicht nur ausgehend vom Zeitpunkt der Filmproduktion weit in die Zukunft geschaut, sondern auch ebenso prophetisch an jene spätere Rezeptionsphase gedacht, wo der Film seine Weitsicht einlösen muss. Lange Rede, kurzer Sinn: "Gattaca" von Andrew Niccols sieht auch nach ganzen zwei Dekaden noch immer erstaunlich frisch und aktuell aus, sei es handwerklich als auch thematisch. Das mag daran liegen, dass der Film mittels eines ziemlich unangenehmen Zukunftsszenarios sich den etwaigen Konsequenzen der Gentechnik widmet, was sich auf den ersten Blick wenig spektakulär anhören mag. Die haben es jedoch in sich, besonders mit dem heutigen Wissen der weiteren Fortschritts in diesem Bereich im Hinterkopf (Stichwort: Crispr/Cas).

                  Die blinde Ideologie eines fehlerlosen Menschendaseins wird mittels einer intensiven Einzelgeschichte kontrastiert, die sich auf relativ wenige Köpfe in dieser Handlung verteilt. Hier stimmt sowohl die vordergründige Dramaturgie vom packenden Beginn bis zum emotionalen Ende, aber auch der technologisch-soziologische Hintergrund, der sich dem anschließt. Diese Gesellschaftskritik hat nichts von seiner Brisanz und Wichtigkeit verloren, wie gleichermaßen auch die eindrucksvolle Leistung der Hauptdarsteller ein weiteres Mal funktioniert - insbesondere Ethan Hawke, der mir mit seinem facettenreichen Schauspiel sehr imponiert hat. Manchmal braucht gute SciFi nicht viele Effekte, um wirken zu können. "Gattaca" gehört dazu und hat damit schon zurecht einen gewissen Klassikerstatus in seinem Genre inne.

                  9
                  • Ich weiß nicht, ob es thematisch gewollt ist, dass jemand fehlt, aber ich zähle (wiederholt) nur 14 Filme in dieser Auflistung. Womöglich ein weiterer Fall für Poirot?!

                    Ein Unbekannter rechnet ab
                    https://www.moviepilot.de/news/mord-im-orient-express-die-15-besten-agatha-christie-filme-198533/seite-2
                    Mord im Spiegel
                    https://www.moviepilot.de/news/mord-im-orient-express-die-15-besten-agatha-christie-filme-198533/seite-3
                    Geheimnis im blauen Schloß
                    https://www.moviepilot.de/news/mord-im-orient-express-die-15-besten-agatha-christie-filme-198533/seite-4
                    Mord im Orient Express (2017)
                    https://www.moviepilot.de/news/mord-im-orient-express-die-15-besten-agatha-christie-filme-198533/seite-5
                    Rendezvous mit einer Leiche
                    https://www.moviepilot.de/news/mord-im-orient-express-die-15-besten-agatha-christie-filme-198533/seite-6
                    Die Morde des Herrn ABC
                    https://www.moviepilot.de/news/mord-im-orient-express-die-15-besten-agatha-christie-filme-198533/seite-7
                    Das letzte Wochenende
                    https://www.moviepilot.de/news/mord-im-orient-express-die-15-besten-agatha-christie-filme-198533/seite-8
                    Das Böse unter der Sonne
                    https://www.moviepilot.de/news/mord-im-orient-express-die-15-besten-agatha-christie-filme-198533/seite-9
                    Mord im Orient Express (1974)
                    https://www.moviepilot.de/news/mord-im-orient-express-die-15-besten-agatha-christie-filme-198533/seite-10
                    Tod auf dem Nil
                    https://www.moviepilot.de/news/mord-im-orient-express-die-15-besten-agatha-christie-filme-198533/seite-11
                    16 Uhr 50 ab Paddington
                    https://www.moviepilot.de/news/mord-im-orient-express-die-15-besten-agatha-christie-filme-198533/seite-12
                    Vier Frauen und ein Mord
                    https://www.moviepilot.de/news/mord-im-orient-express-die-15-besten-agatha-christie-filme-198533/seite-13
                    Der Wachsblumenstrauß
                    https://www.moviepilot.de/news/mord-im-orient-express-die-15-besten-agatha-christie-filme-198533/seite-14
                    Zeugin der Anklage
                    https://www.moviepilot.de/news/mord-im-orient-express-die-15-besten-agatha-christie-filme-198533/seite-15

                    2
                    • 4

                      Etwas neugierig war ich auf "The Circle" ja schon. Die geistigen Vorbilder in diesem Porträt eines fiktiven Internetgiganten mögen zwar wenig überraschend sein, doch immerhin hatte ich die Erwartung einer spannenden, tiefgehenden Geschichte, die etwa mehr zeigt als die schon bekannten Silicon-Valley-Nachrichten oder manch soziologisch-philosophische Abhandlung über die gesellschaftlichen Auswirkungen dieser oder jener technischen Neuheit. Die auf den Film basierende Buchvorlage ist jedoch nunmehr vier Jahre alt, was im Zeitalter der Digitalisierung eine lange Zeit ist. Was früher noch Science Fiction war, ist mittlerweile oftmals schon ziemlich ein konkreter Zukunftsplan. Aus meiner Sicht kommt der Film und das, was er behandelt, schon fast zu spät. Er ist gewissermaßen ein anklagender Themenfilm, wie man es in ähnlicher Form eher im deutschen Fernsehen vermutet, der allerdings viel zu unsubtil seine Argumente ausspielt, seien diese auf dem Papier noch so aufrichtig und berechtigt.

                      Dies allein wäre ja noch irgendwie verschmerzbar, wäre die konkrete Dramaturgie stimmig. Wenn wir es aber mit einer Protagonistin zu tun haben, deren Charakterentwicklung dermaßen sprunghaft und wenig glaubwürdig wirkt, wird es problematisch. Der Film mag zwar die Handvoll Personen, die Relevanz für die Geschichte haben, anfangs ganz gut einführen, doch der weitere Verlauf hinterlässt zu viele Lücken, was etwa die Motivation der jeweiligen Nebencharaktere betrifft. Das ist wie letztlich der gesamte Plot insgesamt zu grobschlächtig und effektheischerisch dem Zuseher hingeworfen. Mitnehmen tue ich aus diesem Film vor allem eins: Lieber nochmal die alten, thematisch vergleichbaren Serienepisoden von "Black Mirror" gucken, die die Finger so viel cleverer und härter in die Wunde legen.

                      10
                      • 6
                        über Life

                        Getreu dem bekannten Fußballerzitat von Andy Brehme ("Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß!") kommt Daniel Espinosas "Life" mit seiner geheimnisvollen Alien-Probe daher. Das Leben erscheint meist anders, als man es vorhergesehen und berechnet hat - so auch beim ersten Kontakt mit einer außerirdischen Spezies vom Nachbarplaneten Mars. Dass man es hierbei nicht unbedingt mit dem nettesten Gast in der Geschichte der ISS zu tun hat, erahnt man als gewiefter Zuseher natürlich schnell. Leider ist auch die restliche Ausführung des blutigen Überlebenskampfes narrativ wenig originell, wer schon einmal einen ähnlichen Genrevertreter gesehen haben sollte. Als SciFi-Fan freut mich allerdings der anhaltende Trend, dass Weltraumfilme per se in letzter Zeit in Mode gekommen sind. Hinter "Life" verbergen sich weniger großartige metaphysisch-philosophische Denkansätze, sondern zuallererst die konkrete körperliche Konfrontation, die zumindest ein flottes Pacing verspricht und damit gewiss seinen reizvollen Unterhaltungswert besitzt. Die handwerkliche Umsetzung in diesem schwerlosen Quasi-Kammerspiel ist ausgesprochen gut und die prominente Schauspieleraufgebot, nun ja, zweckmäßig. Das betrifft auch das Finale, welches vielleicht etwas zu betont überraschen will. Ein sehr solider Genrefilm, der mit seiner Mixtur jedoch seinen offensichtlichen filmischen Vorbildern "Gravity" und "Alien" nicht das Wasser reichen kann.

                        7
                        • 8

                          Der deutsche Titel mag noch so belanglos wirken, der Inhalt ist es ganz und gar nicht. "Die Erfindung der Wahrheit" ist ein sehr raffiniert durchdachter Politthriller, der einerseits die undurchsichtigen Lobbykräfte in den politischen Ebenen zu Tage fördert, andererseits speziell das scheinbar unendliche Thema der lockeren Waffengesetze in den USA behandelt. Wie brisant und umkämpft diese sind, zeigt sich dann immer wieder kurzzeitig, sobald eine größere Schießerei passiert - siehe aktuell Las Vegas. Symptomatisch erscheint hier, dass der Film zwar in den USA spielt, aber mit John Madden ein britischer Regisseur am Werk ist und wir es mit einer französischen Produktion zu tun haben. Auffallen tut dies auf der Leinwand aber nicht, was für den Film spricht, wenn man so will.

                          Zuallererst ist es jedoch ein Film, der ungemein stark von der schauspielerischen Wucht einer Jessica Chastain angetrieben wird. Es mag zwar ein extremes Abbild eines weiblichen Workaholics sein, wie sie diese rücksichtslose Lobbyistin verkörpert, doch es ist nun mal ein Kinofilm und keine Dokufiction. Ihren Charakter durchdringen zu wollen, ist ein schier unmögliches Unterfangen, je länger der Film läuft - reizvoll bleibt deren Reibungsfläche und Nonchalance aber durchweg. In der Rückschau könnte man gar sagen, dass das Waffenthema nur Mittel zum Zweck sei, um einen möglichst wendungsreichen und spannenden Thriller zu erzeugen. Man kann es allerdings auch andersherum betrachten: Das Genre-Grundgerüst steht so selbstbewusst auf eigenen Füßen, sodass wir es nicht lediglich mit einem "Themenfilm" oder dergleichen über Lobbyismus zu tun haben. Mich konnte der Streifen sofort packen und bis zur denkwürdigen Schlussszene nicht loslassen, trotz seiner Lauflänge und trotz manch abwegiger Idee, um den Plot noch unvorhersehbarer zu machen. Ein sehr gut funktionierender Mix aus ehrlicher Anspruchshaltung und unterhaltsamen Spektakel in der uniformen Welt von Konferenzbüro, Politikdinner und Gerichtssaal.

                          9
                          • 5 .5
                            filmschauer 12.10.2017, 18:00 Geändert 12.10.2017, 18:00

                            Guy Ritchie bleibt seinen künstlerischen Prinzipien erkennbar treu. Das mag einerseits einen selbstbewussten Regisseur mit Handschrift widerspiegeln, bei seiner Vita jedoch andererseits für wechselhafte Filmerlebnisse sprechen. Nach Sherlock Holmes wird nun König Artus durch den Ritchie-Fleischwolf gezogen. Heißt also: alles actionreich in Szene setzen, narrativ wie sprachlich auf modern trimmen und mit möglichst viel Coolness versehen. Was mich schon bei seinen Sherlock-Holmes-Filmen angestrengt hat, wiederholt sich hier ähnlich, nur eben in einem anderen Setting. Schon der Beginn versucht, so laut und spektakulär diesen Film einzuleiten. Leider war dies erst einmal unangenehm verwirrend, was auf der Leinwand so passierte. Doch immerhin löste sich diese Unbehagen allmählich auf, da Ritchie wie ein Puzzlespieler die fehlenden Bruchstücke erst nach und nach dem Protagonisten und damit uns Zuschauern nachreicht.

                            Das ist neben einer ganz bestimmten Szene, in der man sich fragt, ob tatsächlich jener ehemaliger Fußballstar eine Gastrolle eingenommen hat, jedoch schon der einprägsamste Moment, was die Narration von "King Arthur: Legend of the Sword" angeht. Denn ansonsten fühlt sich der Film wie einer der vielen Historienstreifen mit Actionschwerpunkt der letzten Jahre an. Die technische Umsetzung und die Landschaftsaufnahmen mögen ganz gefällig sein, der Rest ist überraschungsarme Mittelalter-Standardfilmkost über einen schicksalsträchtigen Widerstandskampf mit manchem Hänger im Pacing. Was speziell die Artussage betrifft, so entfaltet sich dessen Zauber nur ganz sporadisch. Ein für den Moment einigermaßen unterhaltsames Werk, aber viel zu wenig, um mich von den Socken zu hauen und deshalb ziemlich schnell vergessen. Allerdings gab dieser Film den leisen Anstoß, vielleicht mal wieder den ungleich glanzvolleren "Excalibur" aus dem Regal zu holen...

                            6
                            • 4

                              Lange habe ich mich gefragt, warum der gute Wolfgang Petersen über eine Dekade lang keine Filme mehr gedreht hat. Nach "Poseidon" ist "Vier gegen die Bank" leider die fast schon selbsterklärende Antwort darauf. Einige Künstler scheinen für schlechte Zeiten Projekte in der Schublade zu haben, die vermeintlich die sichere Comeback-Nummer liefern könnten. Hier scheint mir der Fall ähnlich zu sein. Man mache einfach ein Remake seines eigenen in Vergessenheit verratenen Fernsehfilms aus den 70ern mit den möglichst bekanntesten deutschen SchauspielerInnen der letzten Jahre, garniere es mit ein paar Witzen und schon kommt der große Hit heraus. Aber so einfach ist das bei Komödien bedauerlicherweise selten. So sehr ich stets ein Fürsprecher für viele Petersen-Filme war (Tatort eingeschlossen), so bescheiden ist für mich dieser arg kreativlose Krimikomödienkram mit Heist-Movie-Beschlag, der allerhöchstens Altherrenhumor an vereinzelten Stellen beweist. Erheiternd ist eher das Erkennen bekannter Schauspielergesichter selbst in den unwichtigsten Nebenrollen. Da zieht der Name Petersen in Deutschland wohl noch. Und wenn ich die Promotion des Films richtig verfolgt habe, war die Stimmung hinter der Kamera um einiges besser als jene, die dieses Filmerlebnis unter den Zuschauern auslösen dürfte. Es sei ihnen gegönnt. Ich hoffe dennoch inständig, dass das nicht der Schlusspunkt unter Petersens Regiekarriere war.

                              3
                              • 7

                                Meine einstige Leidenschaft für die X-Men-Filme ist, nachdem die Reihe mit seiner anwachsenden Anzahl an Spin-Offs und Reboots mittlerweile ziemlich ausgefranst in Sachen Kontinuität etc. wirkt, merklich abgekühlt. "Logan" kommt vielleicht deshalb genau zur richtigen Zeit, um zumindest der Lieblingsfigur einen würdigen Schlusspunkt zu setzen - unabhängig davon, dass die Franchise-Kuh danach noch eifrig weiter gemolken werden wird. Im Stile Eastwood'scher Abrechnungsfantasien wird stellvertretend der drohende Niedergang des großen Superheldenverfilmungen eingeläutet. Naja, da mag nun vielleicht auch ein wenig Wunschdenken dabei sein, doch wie ungemein schroff, existenziell und düster das mutantenfeindliche Szenario dargeboten wird, ist immerhin eine gelungene Abwechslung zu den konventionellen Genrevertretern mit Bombast-Garantie.

                                Der Plot ist im Grunde sehr simpel, allerdings in faszinierender Western- und Roadmovie-Manier dargeboten (Mit seinem Yuma-Remake ist Regisseur James Mangold ja kein gänzlich Unbekannter im erstgenannten Genre). Es mag das Pacing bei über zwei Stunden Laufzeit hier und da etwas holprig wirken, was jedoch kein gänzlich unbekanntes Phänomen in den X-Men-Filmen ist und man in diesem Fall gerne nachsieht. Wir beobachten nochmals Sir Patrick Stewart als ehrwürdigen Professor, staunen über eine unfassbare Jungdarstellerin namens Dafne Keen und leiden mit einem Hugh Jackman, der seine karrierebegleitende Superheldenrolle nicht mit mehr Blut, Schweiß und eine gehörige Portion Abgefucktheit hätte spielen können. Und trotz latenter Overacting-Gefahr nimmt man ihm diesen schauspielerischen Einsatz ab, weshalb "Logan" locker als bester der drei Wolverine-Streifen in die Geschichte eingehen dürfte. Und das Beste: Dieser Film kann ohne Frage künstlerisch wie narrativ auch für sich selbst stehen - unabhängig, wie der Franchise-Weg vorher und nachher verläuft. Danke, Logan!

                                5
                                • 8 .5
                                  über Get Out

                                  Ist Schwarz das neue Weiß? Eine Frage von vermeintlich modischer Natur, möchte man guten Herzens meinen, die jedoch in "Get Out" in einem ganz anderen Sinne beantwortet wird. Dies ist nur eines von einigen satirischen Filetstücken, die in Jordan Peeles Debütfilm ihre angsteinflößende Plattform bekommen. Als Resultat der einstigen #OscarsSoWhite-Debatte ploppen allmählich die interessanten Kandidaten auf, die die schwarze Hautfarbe selbstbewusst zum Thema machen, wobei "Get Out" neben "Moonlight" sicherlich zu den gewagteren und dadurch deutlich aufregenderen Versuchen gehört. Das Thema Rassismus in den USA ist leider immer noch ein bestehendes Problem und wurde oft in Gangsterfilmen oder Dramen verarbeitet. Dass sich jemand traut, aufgrund dessen mal einen gewitzten Horrorthriller zu spinnen, habe ich so aber auch noch nicht gesehen.

                                  Der Film mag von außen betrachtet wie ein harter Horrorfilm anmuten, doch der Schein trügt im wahrsten Sinne des Wortes. So beginnt "Get Out" auffallend zahm und gutmütig, indem wir die neue weiße Familienwelt quasi aus den Augen des schwarzen Protagonisten erleben. Der Einsatz der Schauspieler und die Peeles Inszenierung als solches sind dermaßen effektiv, dass man sich als Zuschauer ebenso bereitwillig und pflichtbewusst dem Ich-besuche-die-Familie-meiner-Freundin-Szenario stellen will wie eben jener Chris. Mehr über den Inhalt zu schreiben ist allerdings schon zuviel des Guten. Ich selbst wusste noch nicht einmal genau über die Prämisse Bescheid und mir wurde selten so raffiniert der Boden unter den Füßen weggezogen (Wer den Streifen bereits gesehen hat, erkennt die unvermeidbaren Film-Metaphern, weshalb ich mir weitere verkneife). Der Plot eröffnet einem unterhalb der Oberfläche ein intelligentes Potpourri an Symbolen und Motiven, wie man es in dem Horror-Segment selten findet und über die es sich nachzudenken lohnt. Ein kleines Meisterwerk, der einerseits meine genre-affinen Synapsen gekonnt anspricht, andererseits manch bissige, dann aber auch schlicht scharfsinnige Seitenhiebe auf die heutige Gesellschaft wirft. Mein bisheriges Kinohighlight 2017!

                                  14
                                  • 6

                                    Ein weiterer Kandidat aus der Reihe "Filme, die man so gerne mehr mögen würde": "A Cure for Wellness" hat von der Grundlage her sehr viel von dem zu bieten, was mein emsig pochendes Herz für abseitige Mysterythriller in Wallung bringen müsste. Geboten wird eine sehr dezidiert ausgemalte Ausgangshandlung, die offenkundig eine bissige Abrechnung mit der heutigen globalisierten Arbeitswelt verspricht und zudem in einer unheimlichen Anstaltsatmosphäre attraktiv und elegant eingebettet ist. Da ist ein Regisseur Gore Verbinski, der immerhin ein gewisses Händchen für interessante Filmstoffe besitzt. Und dann ist da noch die Umgebung selbst, wo die wunderschöne Burg Hohenzollern mal eben in den luftigen Höhen der Schweizer Alpen thronen darf. So hat mich der Film mindestens eine Hälfte lang in ein geheimnisvolles Szenario entführen dürfen - ganz ähnlich, wie es dem immermüde wirkenden Hauptdarsteller Dane DeHaan ergehen wird. Lange Zeit konnte ich nicht erahnen, wohin der Film mich weisen will. Das ist zwar lange Zeit ganz spannend, doch kehrt sich dieses Gefühl irgendwann ins Negative um. Die vielversprechende Geschichte entpuppt sich letztendlich doch als eine ziemlich konventionelle und etwas überlange Genre-Spielerei, die in einem relativ überraschungslosen Finale mündet und deutlich weniger Finesse erweist als der vorige Aufbau. Gute Auflösungen sind in diesem Genre ja eh rar gesät. Würde man nun dies als einzigen Maßstab nehmen, dann würde ich auf "A Cure for Wellness" eher schlecht zurückblicken. Doch sind die kleinen, fiesen Mystery-Momente, manche Darstellerleistungen und das ganze Ambiente an sich verlockend genug gewesen, um den Film nicht links liegen lassen zu wollen. Vielleicht ist er aber auch nur die passende Kinomedizin, wenn man zwischendrin in interessante (Alp)träume wegschlummern möchte...

                                    8
                                    • 5
                                      filmschauer 24.08.2017, 18:09 Geändert 05.01.2018, 19:38

                                      Das nicht enden wollende Franchise-Treiben im Kino macht selbst vor den größten Monsterhelden nicht Halt. Ich finde dieses Unterfangen zwar weiterhin albern und kontraproduktiv für gute Einzelwerke, doch bei der Rückkehr des bekannten Riesenaffens auf die Leinwand bin ich per se doch etwas neugierig gewesen - spätestens nach den unerwarteten Trailer-Eindrücken. Immerhin ist nicht die klassische und altbekannte 1933er-Geschichte ein weiteres Mal im Zentrum des Interesses, sondern so eine Art '"King Kong" meets "Apocalypse Now"'. Kann man ja mal machen.

                                      Was man Jordan Vogt-Roberts' Version zugute halten kann, wenn man denn will: Er macht keine Gefangenen, was selbst das mögliche Vorgeplänkel betrifft. Es geht ziemlich schnell in die Vollen, was im Umfeld solcher Filme fast schon erfrischend wirkt. Im Zuge dessen stößt man jedoch auf ein erzählerisches Problem: Nicht wenige Charaktere, die zumeist prominent besetzt sind, werden die Exkursion zur titelgebenden Pazifikinsel antreten. Leider bleiben die meisten Schauspieler auffallend verschenkt, da fast nie tragende Charaktermomente entstehen, die möglicherweise einen ruhigen Gegenpol zu den lauten und oftmals unerwartet eintretenden Actionsequenzen bilden könnten. Nicht erst nach der schmerzenden Bruchlandung auf Skull Island schlägt der Film ein Pacing an, das mich mehrmals auf dem falschen Fuß erwischt hat. Wilde Motivationen der Charaktere werden behauptet, ohne dass man sie verstehen oder glauben will. Hauptsache, der Plot bewegt sich irgendwie voran. Natürlich hätte man vorweg kein Schauspielerkino erwarten dürfen, doch das hier Gezeigte wirkt insgesamt doch dürftig und hat schon, bewusst oder unbewusst, Spuren eines B-Movies.

                                      Eigenwillig wirkt auch die handwerkliche Umsetzung von "Kong: Skull Island". Es gibt durchaus viele tolle Einzelmomente - Standbilder, die man am liebsten einrahmen wollen würde - und doch besteht ein artifizieller Look, wo speziell der Farbfilter hier und dort zu übertrieben scheint. Das CGI ist nett, aber nicht überragend und der x-te Start eines Rockmusiktitels aus den 70ern für einen Szenenwechsel etwas eintönig. Dennoch bleibt diese Inszenierung wohl am ehesten in Erinnerung bei diesem King-Kong-Streifen, denn selbst beim wiederholten Male kann der Inhalt nicht überzeugen, was dann auch noch in einem sich zerfasert anfühlenden Finale mündet - Franchise-Anknüpfungspunkte à la Marvel inklusive. Somit hat mich wie schon bei seinem Debüt "The Kings of Summer" ein Film von Vogt-Roberts bei mich in Endeffekt nicht so überzeugen können, wie er es zuvor andeuten konnte. Ziemlich enttäuschend.

                                      4
                                      • 6

                                        Dass spanische Regisseure konzeptionell wenig zimperlich sind, wenn es darum geht, für spannende Filmideen im Thrillergenre zu sorgen, ist spätestens seit Oriol Paulos Werken bekannt. Bei "Die Leiche der Anna Fritz" geht es jedoch geschmacklich noch einen vehementen Schritt weiter. Nach zehn Minuten sollte beim Zuschauer klar sein, mit welch makabren Fantasiekonstrukt hier gespielt wird. Das kann man nun komplett ablehnen und sofort abbrechen oder aber eben mit einer gewissen moralischen Distanz beobachten, wie Regisseur Hèctor Hernández Vicens daraus versucht, einen abendfüllenden Spielfilm zu stricken. Leider wirken die folgenden Szenarien in der Leichenhalle in ihren ganzen Abstrusität fast schon albern, allerdings hält einen diese dicht bepackte Folgenkette mit zahlreichen Übersturzhandlungen ziemlich effektiv bei der Stange. Obwohl niemand in diesem Figurengeflecht sonderlich als Sympathieträger taugt, ist man noch hinreichend über deren Entwicklung interessiert. Dafür sorgt in erster Linie das schnelle Pacing, warum es nicht verwundert, dass nach etwas über 70 Minuten auch schon wieder Schluss ist. Das macht "Die Leiche der Anna Fritz" noch lange zu keinem Glanzstück, denn dafür ist der Inhalt, sprich die innere Logik, einfach nicht ausgeklügelt genug. Aber immerhin: Als kurzweiliger Genrefilm für zwischendurch, dem man mit einem gewissen Augenzwinkern begegnen sollte, taugt er durchaus.

                                        8
                                        • 8 .5
                                          über Raum

                                          Selten habe ich einen solch aufrichtigen, unpathetischen und gleichwohl emotionalen Film erlebt wie "Raum". Anhand der unangenehmen Isolationsthematik könnte man von einem schwierigen Unterfangen sprechen, bewusst nicht die längst ausgetretenen Pfade schwermütiger Dramen aus ähnlicher Richtung zu treffen. Regisseur Lenny Abrahamson übernimmt offenbar sehr akkurat die konzeptionellen Grundpfeiler der literarchischen Vorlage, wodurch auch der Film als solches aus der Masse herausstechen kann. Als geradezu außergewöhnlich, weil eben eigentlich ganz gewöhnlich wirkt dabei die zweite Hälfte für mich, die erst die nicht immer direkten Konsequenzen der vorigen Ausnahmesituation zu Tage fördert. Wunderbar, wie harmonisch Abrahamson die grundverschiedenen Teile facettenreich zusammenfügen kann. Ihm in der Hände spielen dabei selbstverständlich die beiden Hauptdarsteller Brie Larson und der junge Jacob Tremblay, die jeweils herausragend natürlich in ihren Rollen wirken. Hinzu kommt die eingängige, aber nie zu aufdringliche Musikuntermalung von Stephen Rennicks, die mir sehr gefallen hat. Endlich mal wieder ein Score eines neueren Films, der bei mir nachhaltig beeindruckt hat, was leider nicht mehr oft passiert. Wahrscheinlich gibt es keine bessere Alternative, wie man dieses grauenhafte Kapitel eines Lebens sanftmütiger und lebensbejahender an den Zuschauer bringen könnte als in "Raum" - ohne Tränendrüsenkitsch, aber mit viel Hoffnung. Auch wenn‘s mittlerweile gewiss keine Neuigkeit mehr ist: Diesen Film sollte man mal gesehen haben.

                                          14
                                          • 8
                                            über Arrival

                                            Wieder ein eigenwilliger Villeneuve-Film, wieder muss ich nach Worten suchen, um das Gesehene möglichst treffend einzuordnen. "Arrival" mag auf seiner Oberfläche die blockbuster-kompatiblen Sinne ansprechen, darunter verbirgt sich aber mehr als die oft einhergehenden Konventionen, die man bei der vermeintlich ausgelutschten Alien-Thematik erwarten könnte. Bei Denis Villeneuve ist man mittlerweile gewohnt, dass seine Herangehensweise eine andere ist. Und so wirkt diese Form eines Erstkontakts mit außerirdischen Erdgästen dermaßen originell und faszinierend, als hätte man so etwas niemals zuvor im Kino erlebt. Beinahe abwegig erscheint die Maßnahme, eine Linguistik-Expertin zum Zentrum aller Kontaktversuche und -deutungen zu machen - abwegig zumindest aus bisheriger Hollywood-Sicht. Die ungehaltenen Ordensträger in diesem Film wirken hingegen wie Marionetten in diesem Geflecht - verfangen im eigenen Deutungskorsett - ein metaphorisch deutlicher Verweis, das wir hier mal eine Antithese zu den gängigen Genrefilmen bekommen sollen. Das mag in ihrer Vehemenz und dem Mittel, um im dritten Akt für die nötige Spannungskurve zu sorgen, als Kritikpunkt am Film herhalten. Ansonsten hat mich "Arrival" in seiner langsameren und vorsichtigen Gangart überzeugen können, was natürlich zu einem gehörigen Teil an der clever verflochtenen Hintergrundgeschichte der Protagonistin liegt. Ich habe Amy Adams nie besser gesehen, die allein dafür sorgt, dass diese Geschichte ihre Emotionalität aufrichtig und authentisch vermitteln kann. Besonders die finalen Szenen sind toll inszeniert und spannen mit einer schönen Message einen faszinierenden Bogen zum ganzen vorigen Geschehen. Warum und wieso, das sollte jeder möglichst selbst erleben. Sehenswertes Kino mit Hirn und Herz.

                                            12
                                            • 7

                                              "Passengers" wirkt inhaltlich wie konzeptionell wie ein großes Versprechen. In einer sehr, sehr langen Schlafphase ganz bequem die interstellare Reise antreten, ummantelt von einem ultramodernen Inventar, von denen selbst Kreuzfahrtdesigner wohl nur träumen können - klingt verlockend, zumindest in Spielfilmlänge dieser Idee beizuwohnen. Das Gedankenspiel, was wäre, würde eine dieser Schlafkapseln ihren Dienst vorzeitig einstellen und man quasi niemals mehr etwas anderes als dieses Raumschiff erleben können, ist wiederum eine sehr spannende Ausgangslage für einen Science-Fiction-Film. Ich fühlte mich schnell abgeholt und doch war, je weiter Morten Tyldums Film lief, dieser Kompromiss spürbar, eine lockere, sprich mainstreamigere Version abliefern zu wollen. Indirekt wird das schon durch die Wahl der Schauspieler klar. Andersherum hätte man hier auch einen sehr bedeutungsschweren und ernsten Philosophiebrocken zu Themen wie Isolation, Liebe oder Endlichkeit kreieren können, doch dafür hätte man wohl schwerlich das nötige Budget für das umfangreiche und sehenswerte Produktionsdesign bekommen können.

                                              Gleichwohl die Geschichte sich speziell in Hälfte Zwei einige Wendungen nimmt, die anecken könnten und die Tonlage des Films sich zu deutlich variieren mag, um ja ein möglichst unterhaltsames Ergebnis zu realisieren, finde ich "Passengers" (drumherum) immer noch interessant genug. Denn Fragen wie beispielsweise jene, ob man selbst in so ein Raumschiff steigen würde oder wie man selbst in dieser oder jenen Situation entscheiden würde, werden so oder so aufgeworfen. Der Film hinterlässt genügend offene Flanken, um sein Kopfkino an einigen Stellen werkeln zu lassen. Dafür mag ich ihn letztlich doch ziemlich.

                                              7
                                              • 8

                                                Ich wiederhole mich, aber man kann es nicht oft genug ansprechen: Den Spaniern macht in Sachen Psychothriller niemand sei leicht etwas vor. Besonders ein gewisser Oriol Paulo tut sich in den letzten Jahren als vorderster Mann für gewisse Geschichten hervor. Wer seinen "The Body" gesehen hat, weiß um den Drahtseilakt zwischen gekonnter Zuschauerführung und wackeliger Glaubwürdigkeit. Alles wird einer funktionierenden Spannungskurve untergeordnet. Bei "Der unsichtbare Gast" kann man mit Fug und Recht behaupten: Das wird alles nochmals getoppt. Trotz der 'Vorwarnung' eines womöglichen wendungsreichen Handlungsverlaufs hat Paulo mich ein weiteres Mal verblüffen können. Die psychologische Komponente in dieser Geschichte ist ebenso vielfältig wie das Potential des ständigen Miträtselns. Im Grunde sollte man sich analog zur Hauptfigur Adrián möglichst unbedarft in das abgründige Geschehen stürzen, um sich völlig von den ganzen Wirrungen und Wendungen vereinnahmen zu lassen. Hinaus kommt man bei diesem Film mit heruntergelassener Kinnlade - so war meine jungfräuliche Erfahrung mit diesem Werk. In der Rückbetrachtung lässt sich sogar sagen, dass Paulo einem fair die Möglichkeit gibt, das Ganze zu durchschauen, ohne auf irgendwelche plumpen Deus-ex-machina-Elemente zurückzugreifen. Wunderbar inszeniert und toll gespielt. Ein weiteres aufregendes Genreerlebnis von der iberischen Halbinsel.

                                                13
                                                • 7

                                                  "The Lego Batman Movie": Hier ist der Filmtitel Programm. Der schon vielfach auf die Leinwand projizierte Superhelden-Kosmos von DC wird nun in Millionen von Plastiksteinen transformiert. Wer schon den Hauptfilm-Vorgänger "The Lego Movie" gesehen hat, wundert sich nicht wirklich über die Entscheidung, ausgerechnet Batman einen Spin-Off-Film spendiert zu haben - zu schön war dort sein Auftritt als latent-grimmiger Superheld. Ob diese eigentlich berechnende Rechnung aufgeht? Wer trotz des bekannten Brickfilm-Gefühls der latenten Reizüberflutung nicht die Finger davon lassen kann oder will, der bekommt eine ziemlich selbstironische und abwechslungsreiche Variante geliefert. Inszenatorisch ist das eng an seinen Vorgänger angelehnt, ohne jedoch nicht auf dessen sentimentale Metaebene konkret anzuknüpfen. Diesmal ist eben nicht Lego der Mittelpunkt der Geschichte, sondern Batman. Die an sich kurzweilige Handlung spendiert ziemlich amüsante Seitenhiebe auf die heutigen und gestrigen Superheldenblockbuster, wodurch ich zumindest besser unterhalten wurde als von einigen der realen Ableger. Und wer ein unkaputtbares Herz für rührselige Adoptivszenarien hat, sollte sowieso reinschauen. Der Humor passt ziemlich gut, da das Timing sehr präzise ist - 'legoesk', könnte man schon fast dazu sagen. "The Lego Batman Movie" ist bestimmt kein Ausnahmefilm, doch er erfüllt gekonnt die gesteckten Erwartungen, sofern man dieser wilden und bunten Lego-Welt nicht vollkommen abgeneigt ist.

                                                  7
                                                  • 5 .5

                                                    Wie sich schon neulich durch Medienberichte über Mallorcas Strand gezeigt hat, sorgt der Hai als solches bei Menschen noch immer für Unwohlsein und Angst. Das Erbe des Steven Spielberg mit seinem meisterlichen "Der weiße Hai" sozusagen, welches in all den Jahrzehnten meist in unrühmlichen Fortsetzungen und Varianten im Kino fand, sobald das Hai-Thema im Mittelpunkt stand. Bei "The Shallows" hatte ich vorweg die Hoffnung, dass wir es hier mit einem besseren Vertreter seiner Zunft zu tun haben würden. Die Vorschauen waren entsprechend verlockend: eine paradiesisch anmutende Bucht, eine klare Prämisse und, nicht zu unterschlagen, eine attraktive Hauptdarstellerin. Die oft anzutreffende Trash-Gefahr blieb diesmal in der Schublade. Die hübsche Oberfläche unterhält in diesem Film auch einige Zeit, doch je länger das Treiben im Wasser verläuft, umso seltsamer, fragwürdiger und blöder werden die eingestreuten Drehbuchideen. Also fast alles, was das Studio nicht vorweg schon klar andeuten ließ. Über das Finale war ich schon etwas vorgewarnt, doch letztlich muss ich in den missliebigen Tenor mit einstimmen: Das war zwar kurz, aber auch schmerzhaft. Ich habe trotz der beschränkten Ausgangslage doch mehr erzählerische und inszenatorische Finesse von einem Jaume Collet-Serra erwartet. So bleibt "The Shallows" ein Survivaltrip unter vielen, das viel mehr Nervenkitzel vertragen hätte. Immerhin reißt Blake Lively mit ihrem vollen Körpereinsatz überraschend viel heraus, weshalb zumindest dadurch der Film einen bei Laune halten kann. Ansonsten für mich eine kleine Enttäuschung.

                                                    9