Robert Downey Jr. und die Kehrseite des Erfolges

06.05.2015 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Tony Stark in Siegerpose: Der Anfang vom Ende für Robert Downey Jr.?
Concorde
Tony Stark in Siegerpose: Der Anfang vom Ende für Robert Downey Jr.?
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Robert Downey Jr. möchte keine unbequemen Interviews geben. Er will mit Kritik an Comicverfilmungen nicht sachlich umgehen. Und Independentfilme mag er auch keine drehen. Höchste Zeit, mal zu sagen: Robert Downey Jr., du nervst grad ein bisschen.

Der internationalen PR-Tour zu Marvel's The Avengers 2: Age of Ultron möchte ich einigermaßen dankbar sein. Sie bewirbt den mutmaßlich 250 Millionen US-Dollar teuren Superheldenfilm so zudringlich und dabei auch transparent in seiner absoluten Gemachtheit, dass man ihn eigentlich gar nicht mehr zu sehen braucht. Ihren Star Robert Downey Jr. lässt sie wie einen viralen Zampano auftreten, dessen Selbstgefälligkeit dem Leinwandprofil seiner Figur in nichts nachsteht. Wenn also Interviews eine Schwelle von banalem Marketinggewäsch zu annähernd ernsthaftem  Journalismus zu übertreten drohen, ergreift der Iron-Man-Darsteller umgehend die Flucht. Und wenn er auf kritische Äußerungen  des mexikanischen Regisseurs Alejandro González Iñárritu angesprochen wird (der Comicverfilmungen als "kulturellen Genozid" bezeichnete), müssen rassistische Flachwitze das angekratzte Ego  in Stellung bringen ("Ein Mann, dessen Muttersprache Spanisch ist und der solche Phrasen zusammensetzen kann, muss sehr intelligent sein.").

Fragt man Robert "Are we promoting a movie?" Downey Jr. nach einer beruflichen Zukunft in vielleicht mal nicht länger nur millionenschweren Blockbuster-Produktionen, holt er sogar zum nonchalanten Rundumschlag  gegen das Independentkino aus. Kleine Filme zerrten an seinen Nerven, sagte er gegenüber dem Entertainment-Weekly-Radio SiriusXM. Sie würden mitunter unverhältnismäßig hohe Anforderungen stellen, aber mittelmäßige Ergebnisse produzieren. Ihre Verantwortlichen verstünden sich als Künstler, seien aber eigentlich nur unerfahren und lahm, was man ihnen dann auch schon mal deutlich machen müsse. Und statt sich allerspätestens hier angewidert abzuwenden, klatschen einige Fans und Kinofeinde solchen Statements privilegierter Hollywoodstars auch noch zuverlässig Beifall. Recht hat er! So sieht's aus! Schön, dass das mal einer sagt. Und so weiter und so trist.

Nun hat Robert Downey Jr. seine Karriere aber nicht allein in ebensolchen kleinen Filmen begonnen (unter der Regie seines Vaters, dem angesehenen Independentfilmemacher Robert Downey Sr.). Sondern halfen sie ihm offenbar auch ziemlich gut über jene Zeit hinweg, in der er wegen Drogeneskapaden und Knastaufenthalten als unzuverlässiger Schauspieler galt. Es müssen demnach unerfahrene Produzenten gewesen sein, die sich nach seinem Rausschmiss beim preisgekrönten Hitformat Ally McBeal auf das Besetzungsrisiko einließen und Downey Jr. für Filme wie Game 6 oder Kids - In den Straßen von New York verpflichteten. Und offenbar waren es auch lahme Indie-Regisseure, die ihn zum Hauptdarsteller einer ganzen Reihe unabhängiger Kurzfilme machten, bevor er mit Iron Man ein erfolgreiches Comeback feierte.

Ob das die Aussagen des gegenwärtig bestbezahlten Hollywoodschauspielers besonders verständlich oder erst recht undankbar und vermessen erscheinen lässt, kann ich nicht beurteilen. Symptomatisch aber sind sie allemal. Seit Downey Jr. als wahrscheinlich unentbehrlichstes Leinwandgesicht der Marvel-Fabrik gilt, ist er auch Repräsentant jenes Konzerns, der kommunale Kinos dieser Tage guten Gewissens vor die Hunde gehen lässt. Dafür kann man den Superstar schwerlich belangen, doch hat dessen Pamphlet gegen ein System, das nun eigentlich jede Rückendeckung gebrauchen kann, mindestens einen üblen Beigeschmack. Und wäre nicht viel eher der mangelnde künstlerische Wagemut und die langweilige Imagepflege hinter kommerziell abgesicherten Big-Budget-Produktionen wie Sherlock Holmes, Stichtag oder Der Richter "mediocre" und "lame" zu nennen?

Wie es der Zufall will, hat sich jüngst auch seine Schauspielkollegin Julianne Moore zum Thema geäußert . Seit 25 Jahren gelingt der Oscarpreisträgerin ein Spagat zwischen Mainstream und Arthaus, bei dem sie ihr Talent nicht an generische Blockbuster verschwendet, sondern diese Auftragsarbeiten als eine Art Rückenwind ihrer Karriere produktiv macht. Anders als Robert Downey Jr. lobt sie die leidenschaftliche Set-Atmosphäre von Low-Budget-Produktionen, denen es um ein aufrichtiges Interesse an Film, Schauspiel und Geschichtenerzählen gehe. Ihrem Empfinden nach sei Hollywood nicht im Geschäft, um Schauspielerinnen bessere Rollen zu ermöglichen, sondern um ein Produkt zu kreieren. Zwar müssten auch Independentfilme ihr Geld wieder einspielen, doch gebe es bei ihnen keinen Druck, möglichst viel Gewinn zu erwirtschaften. Das würde sie gerade für Investoren zu einer persönlichen Angelegenheit machen, sagte Moore auf der CinemaCon Ende April.

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