1980 - Blues Brothers bringen den Soul ins Kino

15.07.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Blues Brothers
Universal Pictures
Blues Brothers
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Schwarze Sonnenbrillen, rasante Autoverfolgungsjagden und spektakuläre Performances mit den größten Soul-Stars ihrer Zeit – das waren die Blues Brothers.

John Landis ist für mich vor allem deswegen ein Held, weil er Schlock – Das Bananenmonster gedreht hat. Für die meisten Menschen ist er allerdings eher für einen Musikfilm in Erinnerung, der einen derart hochkarätigen musikalischen Cast vor der Kamera versammelt, dass er bis heute seinesgleichen sucht. Und immerhin sind mittlerweile über dreißig Jahre vergangen.

Ein Drehbuch sprengt alle Dimensionen
Alles begann eigentlich vergleichsweise unspektakulär. John Belushi und Dan Aykroyd bildeten den Kern der Rhythm-and-Blues-Band Blues Brothers und gehörten als Komiker zur Originalbesetzung der Show Saturday Night Live. Ihr neu abgeschlossener Plattenvertrag sah einen Film vor, also setzte sich Aykroyd eben an ein Script. Das war es dann aber auch schon mit der Normalität: übliche Drehbücher im Hollywood der Siebziger Jahre umfassten etwa hundert bis hundertfünfzig Seiten, nicht jedoch das Manuskript des Bandleaders. Er schrieb ganze 324 Seiten und band sie ungerührt in den Umschlag eines Branchenbuches aus dem San Fernando Valley ein – bekamen die Studiobosse eben etwas mehr zu lesen als üblich.

Den Produzenten jedoch gefiel, was sie da lasen, und so wie das zugrundeliegende Drehbuch sollte auch der daraus resultierende Film die Grenzen des bisher Gesehenen sprengen. Blues Brothers basierte auf einer Sketch-Reihe aus Saturday Night Live, aber auch auf einem Taschenbuch namens Blues Brothers Private, in dem Judy Jacklin, die Frau von John Belushi, Jahre zuvor die Vorgeschichte der Band und ihren Entstehungsmythos aufgeschrieben hatte. Blues Brothers Private endet mit der Verhaftung von Jake Blues – und das war der Punkt, an dem der Film die Erzählung übernahm.

Liebe für Musik und Massenkarambolagen
Am Beginn von Blues Brothers wird Jake wieder aus dem Kittchen entlassen und begibt sich mit seinem Partner Elwood auf die Suche nach dem Waisenhaus, in dem sie Jahre ihrer Kindheit verbrachten. Um das verfallende Gebäude vor dem Abriss zu bewahren, trommeln sie einen Haufen Bekannte und Freunde für ein Benefizkonzert zusammen und müssen dabei mehr als einmal vor den Gesetzeshütern Reißaus nehmen.

Zugegeben: ja, das ist keine Geschichte, für deren berührende Komplexität ihr Autor den Literaturnobelpreis erwarten kann. Zahlreiche Kritiker bemängelten denn auch genau diesen Umstand. Der Film sei ein wenig zu gleichgültig gegenüber seiner Narration und ein wenig zu versessen auf Verfolgungsjagden und Massenkarambolagen, hieß es. Es spricht schon für sich, dass sieben der dreizehn vorbereiteten Modelle des magischen Bluesmobiles während der Dreharbeiten zu Schrott gefahren wurden. Der Kritiker Richard Corliss vom Time Magazine drückte es so aus: „Blues Brothers ist eine Symphonie der Demolierungen und arbeitet mit der kalten Effizienz eines sadistisch gewordenen Moog-Synthesizers.“

They’ve Got The Blues
Ob ein Synthesizer wirklich so perfekt zu Blues Brothers passt, sei mal dahingestellt, aber eine Anspielung auf Akustik passte in jedem Fall, denn die Musik war wohl die eigentliche Sensation des Filmes. In dem Film traten hochkarätige Soul- und R’n’B-Musiker auf, deren Stücke in die Story eingebunden wurden. Cab Calloway gab den Entertainer im weißen Smoking, Ray Charles rockte seinen Plattenladen, Aretha Franklin emanzipierte sich von ihrem Kerl und James Brown entdeckte seinen inneren Prediger. Er und John Lee Hooker schafften es einfach nicht, ein und den selben Song zwei Mal auf die gleiche Weise zu singen, weshalb sie ihre Stücke live performen durften. Alle übrigen Aufnahmen in Blues Brothers wurden als Playback eingespielt.

In den USA wurde das Musical zu keinem so riesigen Erfolg, aber in Europa entwickelte sich der Film schnell zu einem Kulthit, der teilweise mit ähnlich euphorischer Partizipation des Publikums gezeigt wurde wie The Rocky Horror Picture Show. Als John Landis 1998 sein Sequel Blues Brothers 2000 drehte, ließ er einige der Stars aus dem Original gleich noch einmal vor die Kameras treten. John Belushi und Cab Calloway, der im Film seinen Ersatzvater Curtis spielte, waren aber mittlerweile verstorben, und den Fans war der Film einerseits zu glatt, andererseits ein zu deutlicher Abklatsch des 1980er Streifens. Der Begeisterung für die Blues Brothers ist das aber noch lange nicht abträglich. Und wenn der durch ist, kommt eben wieder Schlock – Das Bananenmonster in den Player.

Was die Menschheit sonst noch im (Film)Jahr 1980 bewegte:

Drei große Festival-Sieger waren unter anderem
Goldener Löwe – Gloria, die Gangsterbraut von John Cassavetes
Goldene Palme – Kagemusha – Der Schatten des Kriegers von Akira Kurosawa
Goldener Bär – Heartland von Richard Pearce

Drei Schauspieler, die geboren sind
18. Januar 1980 – Jason Segel, der große Ehemann der kleinen Lily in How I Met Your Mother
09. September 1980 – Michelle Williams, zeigt uns ein bisschen Norma Jean Baker in My Week with Marilyn
12. November 1980 – Ryan Gosling, der namenlose Fahrer aus Drive

Drei Schauspieler, die gestorben sind
24. Juni 1980 – Peter Sellers, der trottelige Inspektor Clouseau aus Der rosarote Panther
07. November1980 – Steve McQueen, Vin aus Die glorreichen Sieben
22. November 1980 – Mae West, die Femme Fatale aus Sie tat ihm unrecht

Die Oscars gingen unter anderem an
Bester Hauptdarsteller – Robert De Niro für Wie ein wilder Stier
Beste Regie – Robert Redford für Eine ganz normale Familie
Bester Ausländischer Film – Die Blechtrommel von Volker Schlöndorff

Drei Ereignisse der Nicht-Filmwelt
02 Juni 1980 – Der Zauberwürfel (Rubik’s Cube) ist in deutschen Spielwarenläden erhältlich
20. August 1980 – Reinhold Messner bezwingt als erster allein den Mount Everest im Himalaya ohne Sauerstoff
08. Dezember 1980 – John Lennon wird kurz nach einem Fotoshooting mit Yoko erschossen

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